Galt in den vergangenen Jahren die Unterstützung der Wirtschaft und die Stabilisierung der Finanzmärkte als wichtigste Aufgabe von FED, EZB, SNB und Co., so besinnen sich die Zentralbanken nun wieder auf ihr Kernmandat der Preisstabilität. Das Anziehen der geldpolitischen Zügel löste nicht nur an den Aktienmärkten einen Kursrutsch aus, sondern brockte insbesondere den Anleihenmärkten historische Verluste ein. Ein Extremfall ist hierbei die 100-jährige österreichische Staatsanleihe, die seit Jahresbeginn mehr als die Hälfte an Wert verloren hat, und von ihrem Höchststand bereits mehr als 70% entfernt ist (Stand 21.10.2022).
Der Paradigmen-Wechsel der Zentralbanken hat somit zu einer Zeitenwende an den Finanzmärkten geführt: «QT» statt «QE» - sprich quantitative tightening anstatt quantitative easing lautet das Credo. Der im Umfang und Geschwindigkeit beispiellose Anstieg der Anleihezinsen verteuert die Refinanzierungskosten für Firmen und Staaten, und drückt durch den Diskontierungseffekt den Wert sämtlicher Anlageklassen. Vor allem sogenannte long-duration Aktien, d.h. Firmen mit weit in der Zukunft liegenden Gewinnen, sind dieses Jahr stark abgestürzt. Viele Technologie-Titel mit vermeintlich zukunftsträchtigem Geschäftsmodell haben sich – wie bereits beim Platzen der Dotcom-Bubble zu Beginn des Jahrtausends – als Luftschloss herausgestellt. Sinnbildlich hierfür ist der Absturz der Ex-Star-Managerin Cathy Woods, deren ARK Innovation ETF year-to-date bei -63% steht und seit seinem All-Time-High im Februar 2021 fast 80% verloren hat. Für Investoren ist die Gewissheit, dass Zentralbanken als «buyer of last resort» einspringen, ebenso dahin, wie das Vertrauen in eine negative Korrelation von Aktien und Anleihen. Aus Rückenwind wurde Gegenwind. Aus «TINA» (There Is No Alternative [… to stocks]) wurden 10-jährige US-Staatsanleihen mit über 4% Zins. Die Zeiten, in der die Flut alle Boote hob und passive Indexfonds kaum zu schlagen waren, scheinen nun vorbei.
In diesem extrem herausfordernden Umfeld wird vielen Anlegern wieder bewusst, dass Risikomanagement ein unabdingbarer Bestandteil des Anlageprozesses ist. Defensive Anlagestrategien mit Fokus auf schwankungsarme Aktien («Low Volatility») waren im liquiditätsgetrieben Bullenmarkt der vergangenen Jahre chancenlos. Das Blatt hat sich nun seit Jahresanfang gewendet, weshalb viele Marktkommentatoren von einem «Comeback» defensiver Strategien, wie unserem Minimum-Varianz Ansatz, sprechen.