Risiko
23. August 2022
15 Minuten

Der Einfluss der «Big-3» auf systematische Anlagestrategien in der Schweiz

Denkt man an schweizerische Aktien, so kommt vielen Investoren sofort Nestlé in den Sinn. Doch auch die Nummern zwei und drei der schweizerischen Börsenlandschaft sind nicht viel kleiner: Roche und Novartis. Zusammengenommen erzielen diese drei Schwergewichte, kurz als «Big-3» betitelt, eine Gesamtkapitalisierung von knapp 50% des SPI Index. Trotz der allgemeinen Marktschwäche konnten einige defensive Strategien im schweizerischen Aktienmarkt den SPI Benchmark nicht schlagen. EIne wesentliche Bedeutung kommt hier der Rolle der «Big-3» im SPI zu. Wir untersuchten den Einfluss dieser drei Mega-Cap Titel auf unseren Minimum-Varianz Fonds.

Schwergewichte dominieren den schweizerischen Aktienmarkt

Im letzten Research-Insights-Artikel «Die Low-Volatlity Anomalie auf dem Prüfstand» haben wir die Low-Volatility Anomalie in der Schweiz betrachtet und festgestellt, dass die Überrendite dieser Faktor-Strategie in den letzten Jahren nicht abgenommen hat. Trotzdem haben zuletzt einige defensive Strategien im schweizerischen Aktienmarkt – trotz der allgemeinen Marktschwäche - den SPI Benchmark nicht schlagen können. Wir sind den Gründen auf der Spur.

Denkt man an schweizerische Aktien, so kommt vielen Investoren sofort Nestlé in den Sinn. Mit mehr als CHF 300 Mrd. Marktkapitalisierung ist der weltgrösste Nahrungsmittelkonzern auch an den internationalen Aktienmärkten ein Schwergewicht und schafft es unter die weltweit 20 grössten börsenkotierten Firmen. Doch auch die Nummern zwei und drei der schweizerischen Börsenlandschaft sind nicht viel kleiner: Roche besitzt eine Marktkapitalisierung von circa CHF 240 Mrd., während es Novartis auf etwa CHF 190 Mrd. bringt. Zusammengenommen erzielen diese drei Schwergewichte, kurz als «Big-3» betitelt, eine Gesamtkapitalisierung von knapp 50% des SPI Index (siehe Abbildung 1). Hinzu kommt, dass mit Roche und Novartis zwei dieser Titel aus der Pharmaziebranche stammen. Die historisch hohe Konzentration der Big-3 Titel im SPI macht den Index kopflastig und birgt ein nicht unwesentliches Klumpenrisiko, das viele Investoren nicht eingehen wollen oder aus regulatorischen Gründen nicht können.

Abbildung 1: Anteil der Big-3 Marktkapitalisierung am SPI Index

Maximalgewichte vermindern Klumpenrisiko

Systematische Anlagestrategien setzen daher meist ein Maximalgewicht auf Ebene der Einzeltitel, welches deutlich unter dem Kapitalgewicht der Big-3 Titel im SPI liegt – so auch unser OLZ Equity Switzerland Optimized ESG Fonds mit einem Maximalgewicht von 10% pro Titel.1 Die niedrigere Gewichtung der drei Index-Schwergewichte führt entsprechend zu einem Übergewicht der übrigen Titel, insbesondere von Mid- und Small-Cap Aktien. Diese Verschiebung hin zu kleineren Firmen beeinflusst die Rendite- und Risikoeigenschaften des Portfolios deutlich und sollte bei Benchmark-Vergleichen mit dem SPI berücksichtigt werden.

Die Tatsache, dass die Big-3 Titel (insbesondere Nestlé) sehr defensive Aktien sind, macht es für risikooptimierte Anlagen mit Big-3 Untergewichtung entsprechend herausfordernd eine weitere Risikoreduktion gegenüber dem SPI zu erzielen. Man könnte sich daher fragen, ob diese Art der Risikooptimierung im schweizerischen Aktienmarkt dann überhaupt Sinn macht? Wichtig ist hierbei die Unterscheidung von historischer Volatilität und Klumpenrisiken: während die Volatilität sich zu jedem Zeitpunkt in der Schwankungsbreite der einzelnen Titel äussert, ist das Klumpenrisiko die meiste Zeit unsichtbar und äussert sich erst dann, wenn einer der Big-3 Titel in Schieflage gerät. In der Vergangenheit gab es zum Beispiel den Korruptionsfall bei Novartis, der zu einer «ESG Red Flag» von MSCI und folgerichtig auf Grund unserer ESG-Kriterien zum Ausschluss aus dem Anlageuniversum geführt hat. Diese firmenspezifischen Risiken werden im Fachjargon als unsystematisches oder diversifizierbares Risiko bezeichnet und können durch eine bessere Portfoliokonstruktion vermieden werden. Dies bedeutet nicht, dass dadurch jederzeit die Portfoliorendite gesteigert wird, sondern dass eine langfristig effizientere Allokation in Bezug auf das Risiko-Rendite Verhältnis erzielt wird.

Q4 2021 und Q1 2022 schwierig für schweizerische Small- und Mid-Caps

Abbildung 2: Kurzfristige Wertentwicklung seit Q4 2021

In Q4 2021 und Q1 2022 lief unser schweizerischer Fonds dem SPI-Index hinterher und hat in der Abwärtsbewegung nicht den zu erwartenden Puffer geboten. Auf den ersten Blick könnte man also meinen, dass die risikobasierte Portfoliooptimierung keinen nennenswerten Schutz vor Abwärtsrisiken bietet. Allerdings übersieht diese Argumentation eine wesentliche Besonderheit dieses Anlageuniversums: der SPI Benchmark liegt überhaupt nicht im Lösungsraum unserer Portfoliooptimierung, da diese deutlich niedrigere Maximalgewichte besitzt. Somit sind pauschale Vergleiche mit dem SPI nicht sehr aussagekräftig. Die Berücksichtigung weiterer Benchmarks – wie zum Beispiel des SMIM Index (30 mittelgrosse Firmen unterhalb der 20 Titel des SMI) oder des SPI Extra (alle Titel des SPI die nicht im SMI enthalten sind) - ermöglicht eine genauere Analyse. Zusätzlich kreieren wir den «Big-3 Index», der die drei Schwergewichte abbildet und sie anhand ihrer historischen Kapitalisierung gewichtet.

Wie in Abbildung 2 zu sehen hat unser Fonds im Zeitraum vom 1. Oktober 2021 bis zum 31. März 2022 3.8% verloren, während der SPI Index knapp 3.3% zugelegt hat. Dieses überraschend schlechte Ergebnis muss jedoch im Kontext der Thematik von Large- vs. Mid-/Small-Cap betrachtet werden: im obigen Zeitraum hat der SMIM 6.4% und der SPI Extra 6.6% verloren, während gleichzeitig die Big-3 Titel satte 8.6% zugelegt haben, allen voran Roche und Novartis (beide ca. 10%).  Vor  diesem Hintergrund erscheint die Performance unseres Fonds seit Herbst letzten Jahres in einem anderen Licht: wir erzielen zwar eine deutliche Reduktion der Volatilität und des maximalen Verlusts gegenüber SMIM und SPI Extra, können aber nicht mit der Performance des SPI mithalten, da diese durch die sehr starke Entwicklung der Big-3 getrieben ist. Unser Minimum-Varianz Ansatz hat also im Rahmen seiner Möglichkeiten funktioniert, die Performance wurde jedoch durch Mid- und Small-Cap Titel belastet.

Im Q2 2022 hat sich der Unterschied dann bereits etwas verringert: Der SMIM hat 14.2% und der SPI Extra 14.4% verloren, während der SPI 11.0% und der Big-3 Index 6.6% eingebüsst haben. Die Mega-Cap Titel konnten sich also dem allgemeinen Abwärtstrend nicht mehr entziehen. In diesem weiterhin schwierigen Börsenumfeld verlor unser Fonds lediglich 9.8%, erzielte also eine Outperformance gegenüber dem SPI von 1.2% - zudem konnte er die Volatilität gegenüber allen genannten Benchmarks deutlich senken.

Höhere Rendite durch Mid- und Small-Cap Prämie

Abbildung 3: Langfristige Wertentwicklung seit Q3 2003. OLZ Renditen vor 20.12.2010 sind eine Backtest-Simulation

Unser Fonds hält also mehr Mid- und Small-Caps Firmen, um ein Klumpenrisiko in den Big-3 zu vermeiden. In letzter Zeit hat sich dies nicht ausgezahlt. Dies entspricht jedoch nicht dem langfristigen Bild, denn es ist ein gut dokumentierter empirischer Befund, dass Mid- und Small-Cap Aktien mittel- bis langfristig eine signifikant höhere Rendite erbringen als Large-Caps. In Abbildung 3 ist die Wertentwicklung auf lange Sicht (knapp 20 Jahre) dargestellt. Sowohl der SPI Extra, also auch der weniger breit gefassten SMIM Index schlugen den SPI und die Big-3 deutlich. Wie jede Faktor-Prämie unterliegt auch der Low-Size Effekt zeitlichen Schwankungen, weshalb kleinere Titel in manchen Phasen schlechter, aber eben in anderen Phasen deutlich besser abschneiden wie höher kapitalisierte Firmen. Diese Low-Size Prämie hat in der Vergangenheit zur Outperformance des OLZ Fonds gegenüber dem SPI beigetragen. Auf Grund der robusten Datenlage und der weiten Akzeptanz dieses Effekts in der Wissenschaft sehen wir keinen Grund zur Annahme, dass sich dieses Muster in Zukunft ändern sollte.

Unser Fonds hält also mehr Mid- und Small-Caps Firmen, um ein Klumpenrisiko in den Big-3 zu vermeiden.

Ein überzeugender Track Record - höchste risikobereinigte Rendite seit Fondslancierung

Eine höhere Gewichtung von kleineren Titeln zahlt sich also auf lange Sicht aus. Allerdings sind diese Titel auch mit einem höheren Risiko behaftet - Tabelle 1 zeigt die Rendite und Risikokennzahlen seit Lancierung unseres OLZ Equity Switzerland Optimized ESG. Unser Fonds erzielt eine Risikoreduktion gegenüber allen Vergleichsindizes, insbesondere gegenüber dem SMIM und den Big-3. Zugleich erzielte unser OLZ Equity Switzerland Optimized ESG  mit einem Sharpe Ratio von 0.63 seit Lancierung die höchste risikobereinigte Rendite in diesem Vergleich.

Tabelle 1: Rendite- und Risikokennzahlen seit Fondslancierung OLZ am 20.12.2010 bis 30.06.2022

Der OLZ Aktien Schweiz Fonds bietet daher Anlegern die Möglichkeit von der höheren langfristigen Rendite von mittleren und kleineren Firmen zu profitieren, ohne dafür ein höheres Risiko eingehen zu müssen als im SPI. Darüber hinaus vermeiden wir das problematische Klumpenrisiko des SPI, welches unter der Oberfläche eines scheinbar breit diversifizierten Marktindex schlummert.

Neues OLZ Angebot im Bereich schweizerischer Mid- und Small-Caps

Um unseren Kunden ein noch fokussiertes Investment in schweizerische Mid- und Small-Caps mit optimaler Risikodiversifikation und Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien zu ermöglichen, erweitert OLZ Ende 2022 seine Produktpalette um eine Minimum-Varianz Strategie im SPI Extra Anlageuniversum. Weitere Informationen folgen in Kürze.

Fazit

  • Im Vergleich zum SPI und anderen beliebten schweizerischen Aktienindizes erzielt OLZ Equity Switzerland Optimized ESG durchgehend eine niedrigere Volatilität.

  • Die Höhe der Risikoreduktion fällt gegenüber dem SPI kleiner aus, da die defensiven Big-3 Titel untergewichtet werden.

  • Gegenüber Mid- und Small-Cap Titeln reduzierte der Minimum-Varianz Ansatz stets deutlich das Verlustrisiko.

  • Unser Fonds profitiert in seiner langfristigen Performance von Mid- und Small-Caps -  bei niedrigerer Volatilität als der SPI und deutlich entschärftem Klumpenrisiko.

[1] Dies beinhaltet einen Puffer für das Floating der Gewichte zwischen den Portfolio-Rebalancings. Die tatsächlichen Maximalgewichte in der Portfoliooptimierung belaufen sich auf 8% je Titel.

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