Prof. Heinz Zimmermann ist eine prägende Figur in der Schweizer Finanzwelt. Nach einer herausragenden akademischen Laufbahn und zahlreichen Publikationen in führenden Fachzeitschriften hat er im vergangenen Jahr seine Abschiedsvorlesung «Über kapitale Ideen, Modelle und Daten» an der Universität Basel gehalten. Doch mit dem Rückzug aus der Akademie endete sein Engagement nicht: Er hat weiterhin ambitionierte Projekte vorangetrieben, wie seine Arbeit im Bereich der demografischen Risiken im Rahmen des WDA Forums, die mit dem Swiss Risk Award ausgezeichnet wurde. In den letzten Jahren waren auch mehrere Forschungsprojekte der OLZ für diesen Preis nominiert, darunter eine vergleichbare Arbeit zur Messung und Absicherung von Klimarisiken auf Finanzmärkten.
Interview mit Prof. Heinz Zimmermann zum Swiss Risk Award und neuen MBA Programm
In diesem Interview teilt Heinz Zimmermann seine Gedanken über den Nutzen von alternativen Risikomassen, wie auch seinem neuen Executive MBA in Finance Programm und spricht über die spannenden Herausforderungen, die zukünftige Finanzexperten erwarten.
Gianluca De Nard (Interviewer): Wofür schlägt jetzt dein Herz nach dieser beeindruckenden akademischen Laufbahn?
Heinz Zimmermann: Ich bin nach wie vor einigermassen aktiv in der akademischen Welt. Nach meiner Abschiedsvorlesung habe ich mich verstärkt grösseren, grundsätzlichen Fragestellungen gewidmet, die mich seit langem faszinieren. Ein Bereich, der mich besonders beschäftigt, ist die Weiterentwicklung von quantitativen Ansätzen im Asset Management und die Rolle von künstlicher Intelligenz in der Finanzwelt. Ich habe den Grossteil meiner Karriere damit verbracht, Daten zu sammeln, Modelle zu entwickeln und die Kapitalmärkte zu analysieren. Heute stellt sich jedoch die Frage, wie wir diese neuen Technologien effizient in der Praxis nutzen können. Ein weiterer Fokus liegt auf der Integration von Finanzinnovationen in die akademische Forschung und deren Transfer in die Praxis.
Letztes Jahr hast du zusammen mit dem WDA Forum (World Demographic & Ageing Forum) den Swiss Risk Award gewonnen. Glückwunsch. Das WDA Forum befasst sich mit den Auswirkungen demografischer Veränderungen auf die Finanzmärkte.
Ja, vor etwa fünf Jahren haben wir das Projekt «Financial Demography» lanciert. Die zentrale Frage war: Wie wirken sich demografische Veränderungen, wie etwa die alternde Bevölkerung, auf das Kapitalmarktgeschehen aus? Es gibt bereits einige Forschung zu dem Thema, aber uns ging es darum, die systematischen Auswirkungen besser zu verstehen und zu quantifizieren.
Wir forschen auch im Bereich innovativer Risikoindikatoren, mit einem Schwerpunkt auf der Messung physischer und transitorischer Klimarisiken sowie deren Auswirkungen und Absicherungsmöglichkeiten auf den Kapitalmärkten. Könntest du uns kurz erläutern, worum es in deinem Projekt konkret geht?
Ein entscheidendes Ergebnis war die Entwicklung eines demografischen Risiko-Indikators durch unser Team unter Manuel Buchmann, der es ermöglicht, die Auswirkungen demografischer Veränderungen auf einzelne Aktien oder ganze Sektoren sichtbar zu machen. Ein Beispiel: Wie beeinflusst die demografische Entwicklung in China den Aktienkurs eines Unternehmens wie Nestlé? Der Indikator zeigt, dass demografische Veränderungen zwar langsam passieren, aber äusserst nachhaltig sind – und diese Risiken können nicht einfach ignoriert werden.
Würde man damit verbundene Anlagestrategien passiv oder aktiv umsetzen?
Die Selektion wäre natürlich ein aktiver Entscheid, aber sonst würde man von einem längeren Anlagehorizont ausgehen. Letztlich ist kein Anlageentscheid rein aktiv oder passiv. Es gibt verschiedene in der Praxis bewährte Ansätze, die zeigen, wie man beides optimalerweise miteinander kombiniert. Auch der von OLZ schon lange verfolgte Minimumvarianzansatz liefert ja einen solchen Anlagebaustein.
Du hast zusammen mit deinen Kollegen einen neuen Executive Master in Finance entwickelt, den ihr als Kooperation zwischen den Universitäten Basel und Tilburg (NL) anbietet, und der zu einem Doppelabschluss der beiden Universitäten führt (MBA Finance | Executive Master in Finance MiF). Was ist der Fokus dieses neuen Studiengangs, und wie unterscheidet er sich von anderen MBA-Programmen?
Der MBA in Finance zielt darauf ab, die Verbindung zwischen Finanztheorie und Kapitalmarkt-Praxis herzustellen. Im Gegensatz zu anderen Programmen richtet sich unser MBA nicht primär an quantitative Experten. Stattdessen sprechen wir Personen an, die in mittelständischen oder grösseren Unternehmen arbeiten und dort vielleicht schon von Rechnungslegung oder Portfoliotheorie gehört haben, aber die tiefere Verbindung zwischen Corporate Finance und Kapitalmärkten verstehen wollen. Der Fokus liegt darauf, den Teilnehmern zu zeigen, wie diese beiden Bereiche ineinandergreifen. Wir wollen, dass die Studierenden lernen, wie moderne Theorien in der Unternehmenspraxis umgesetzt werden können – und das alles aus einer internationalen Perspektive. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, dass wir in Modulen wie institutionellem Asset Management und Anwendungen von DLT (Distributed Ledger Technologie) bei Finanzinnovationen spezifische Themen behandeln, welche in anderen MBA-Programmen eher vernachlässigt wird.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, diesen internationalen MBA zusammen mit der Universität Tilburg zu gestalten?
Die Universität Basel hatte schon immer gute Beziehungen zu internationalen Universitäten. Die Zusammenarbeit war naheliegend, da Prof. Pascal Böni und seine Forschungskollegen in Tilburg über hervorragende Expertise im angewandten Finanzbereich verfügen. Diese Kombination von Theorie und Praxis passte perfekt zu unserer Vision. Zusammen haben wir das Curriculum entwickelt, wobei wir sehr auf die komplementären Stärken beider Universitäten geachtet haben. Wir haben bewusst Module integriert, die sich auf die Praxis konzentrieren, wie etwa Mergers and Acquisitions, die Gestaltung institutioneller Anlageprozesse oder die Funktionswiese moderner Börsen- und Handelssysteme. Tilburg bringt ferner eine sehr praxisorientierte Herangehensweise ein, was die Zusammenarbeit besonders fruchtbar macht.
Wie sieht es mit dem Workload im MBA-Programm aus?
Unser MBA-Programm ist berufsbegleitend konzipiert, und wir empfehlen den Teilnehmern, ihre Arbeitszeit auf etwa 70-80% zu reduzieren, um genügend Zeit für das Studium zu haben. Der Unterricht findet an drei Tagen im Monat in Basel statt. Diese Präsenzzeiten sind wichtig, um den Austausch zwischen den Teilnehmenden zu fördern. Allerdings sollten die Studierenden auch Vor- und Nachbereitung einplanen, sodass sie pro Woche etwa 15-20 Stunden für das Programm aufwenden.
Gibt es abschliessend noch etwas, das du besonders hervorheben möchtest?
Ich denke, was unser MBA besonders macht, ist die enge Verbindung zwischen Theorie und Praxis. Wir haben einen klaren Fokus auf Corporate Finance, institutionelles Asset Management und Kapitalmärkte und bieten den Teilnehmern die Möglichkeit, dieses Wissen direkt in ihrem beruflichen Umfeld anzuwenden. Die Kooperation zwischen zwei renommierten Universitäten verleiht dem Programm zudem eine internationale Perspektive, die in der heutigen globalisierten Finanzwelt essenziell ist.