Marktgeschehen / Vorsorge
08. Mai 2025
5 Minuten

Tod (und Wiedergeburt?) des Size-Faktors in den USA

Der Size-Faktor beschreibt das Phänomen, dass über lange Zeiträume die kleinsten Aktien besser abschneiden als die grössten. Seit Jahrzehnten wird der Size-Faktor als einer der wichtigsten Erklärungsfaktoren für Aktienrenditen gepriesen. Ursprünglich von Rolf Banz (1981) vorgeschlagen, wurde das Konzept Anfang der 1990er Jahre in dem berühmten Drei-Faktoren-Modell von Fama-French (1993) formalisiert. Bis vor kurzem trug der Size-Faktor zuverlässig dazu bei, den Querschnitt der Aktienrenditen auf den Aktienmärkten teilweise zu erklären. Die Frage drängt sich auf: Tod (und Wiedergeburt?) des Size-Faktors in den USA?

Etwa ab dem Jahr 2018 zeigten sich in den USA erste Anzeichen einer nachlassenden Stärke des Size-Faktors. Der Covid-Crash und die darauffolgende Rally im Jahr 2020 hat diese Entwicklung noch beschleunigt. Einige haben diesen mutmasslichen „Tod“ des Small-Size Faktors auf den Anstieg passiver indexbasierten Investitionen zurückgeführt. Die Anleger neigten zuletzt dazu, in nach Marktkapitalisierung gewichtete Indizes zu investieren, was implizit zu grösseren Zuflüssen in Aktien mit grosser Marktkapitalisierung führte. Andere verweisen auf den mangelnden globalen Wettbewerb unter den US-MegaTech-Unternehmen, der es ihnen ermöglicht, ungehindert zu wachsen und in ihren jeweiligen Fachgebieten wesentliche Monopole zu bilden. Ab 2021 kristallisierte sich eine Gruppe von Aktien heraus, die heute als „Magnificent Seven“ bekannt ist - ein Begriff, den später die Bank of America im Jahr 2023 prägen sollte. Diese Könige des MSCI USA-Aktienuniversums waren in der Reihenfolge ihrer Marktkapitalisierung Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet, Meta, Tesla und Nvidia. Die „Magnificent Seven“ erzielten in den letzten acht Jahren zusammen eine satte Rendite von ~1450 % und sorgten damit nicht nur für eine massive Konzentration auf den US-Aktienmärkten, sondern speziell auch in den US-Sektoren Informationstechnologie und Kommunikationsdienste. Bemerkenswert ist, dass die „Magnificient Seven“ Ende 2024 allein 23% des MSCI Developed Markets Index ausmachten (ein Index, der von passiven indexbasierten Investmentfonds häufig verwendet wird). Im MSCI USA-Universum war die Konzentration dieser sieben Aktien mit 32% entsprechend noch höher.

Bei der Faktorportfolioanalyse wird in der Regel ein Faktor-Score für den Querschnitt eines Aktienindex berechnet, und die zugrunde liegenden Aktien werden in gleichgewichtete Perzentilportfolios aufgeteilt, die als Sorting-Portfolios bezeichnet werden. Diese Perzentilportfolios werden dann regelmässig (in der Regel vierteljährlich) neu gewichtet. In unserer Analyse ist die Sortiervariable die Marktkapitalisierung der einzelnen Aktien. Wir berechnen die Sorting-Portfolios anhand von Quintilen, trennen aber zuerst die sieben grössten Aktien des MSCI USA-Universums in ein separates Portfolio mit der Bezeichnung „Mega Size“ ab. Dies ermöglicht den Vergleich der Performance der sieben grössten Aktien mit der Performance der anderen Size-Portfolios. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei den sieben grössten Aktien nicht zwingend um die zuvor genannten „Magnificent Seven“ handelt, sondern um die jeweils grössten Unternehmen nach Marktkapitalisierung.

In Abbildung 1 ist zwischen Mitte 2002 und 2018 die klassische, aus der Wissenschaft bekannte Monotonie der Size-Faktor Portfolios zu sehen. Dies bedeutet, dass eine geringere Firmengrösse der enthaltenen Titel die Performance des Portfolios deutlich erhöht. Ab circa 2018 kehrte sich der Size-Faktor jedoch vollständig um, und nun schneiden die kleineren Size-Faktor Portfolios monoton schlechter ab als die grösseren Size-Faktor Portfolios.

Obwohl der Size-Faktor derzeit vielerorts als tot gilt, könnten die letzten sieben Jahre eine Anomalie gewesen sein. Eine Wiedergeburt des Size-Faktors ist durchaus vorstellbar. In der Tat hat seit Ende 2024 eine Rotation weg von den grössten US-Aktien (insbesondere aus dem IT-/Kommunikationsdienstleistungssektor) hin zu kleineren Aktien begonnen, ausgelöst durch eine Korrektur bei den IT-/Kommunikationsdienstleistungsaktien. Falls wir tatsächlich in eine Phase der Wiedergeburt des Size-Faktors eintreten, dann könnten Small-Size-Tilt-Anlagefonds wie der OLZ Equity World Optimized ESG profitieren, da die Untergewichtung der grössten Titel gegenüber marktkapitalgewichteten Indizes zu einer Outperformance führen könnte. In jedem Fall sollte nicht einfach davon ausgegangen werden, dass die Dominanz weniger grosser Firmen auf Dauer fortbesteht. Dies stellt Anleger in passiven Indexprodukten aktuell vor grosse Herausforderungen.

Fama, E., French, K. (1993). Common risk factors in the returns on stocks and bonds. Journal of Financial Economics, 33(1) :3-56.

Banz, R. (1981). The relationship between return and market value of common stocks. Journal of Financial Economics, 9(1) :3-18.

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