Risiko / Vermögensverwaltung
04. Februar 2025

Niedriges Risiko, hohe Variabilität: Unser praktischer Leitfaden zur Portfoliokonstruktion

Die zentrale Frage

Wie stark beeinflussen Entscheidungen zur Portfoliokonstruktion die Performance von Low-Risk-Strategien?

Während die akademische Literatur die Low-Risk-Anomalie umfassend dokumentiert hat, bleiben viele praxisrelevante Fragen offen. Insbesondere untersuchen wir, wie Faktoren wie die Methodik der Risikoschätzung, Gewichtungsschemata, Transaktionskosten und Portfolioeinschränkungen die Portfolioergebnisse prägen.

Unser Ansatz

Unsere Forschung analysiert rund 10’000 Portfolios anhand von über 130’000 Performance-Kennzahlen, um die Variabilität zu quantifizieren, die durch unterschiedliche Entscheidungen bei der Portfoliokonstruktion und -bewertung entsteht. Durch die Nutzung jahrzehntelanger Daten von Januar 1978 bis Dezember 2023 präsentieren wir eine umfassende Studie zur Bewertung des Einflusses der

  • Methodik der Risikoschätzung: Vergleich von beta-basierten Methoden mit volatilitätsbasierten Schätzverfahren (z.B. historische Volatilität, exponentiell gewichtete gleitende Durchschnitte (EWMA) und idiosynkratische Volatilität in Bezug auf die Fama-French-Faktormodelle).

  • Portfoliotypen und -beschränkungen: Analyse der Auswirkungen von Grössen- und Preisfiltern sowie Leverage-Beschränkungen auf die Performance.

  • Portfoliogrösse und Gewichtung: Untersuchung des Einflusses der Anzahl der gehaltenen Positionen und ihrer Gewichtung.

  • Rebalancing-Frequenz: Bewertung, wie oft Portfolios angepasst werden sollten, um ein Balance zwischen Reaktionsfähigkeit und Transaktionskosten zu finden.

  • Transaktionskosten: Einbeziehung realistischer Kostenannahmen, um die praktische Umsetzung in investierbare Portfolien zu simulieren.

Unser Entscheidungsbaum, eine visuelle Darstellung des Portfoliokonstruktions- und Bewertungsprozesses, bildet das Rückgrat unserer Analyse:

Die Abbildung zeigt «alle» möglichen Entscheidungswege für die Portfoliokonstruktion und -bewertung. Dabei berücksichtigen wir acht Entscheidungsknoten zur Portfoliokonstruktion sowie zwei Entscheidungsknoten zur Performance-Bewertung für unsere Low-Risk Quantil-Portfolios.

Die wichtigsten Erkenntnisse

1.     Methodische Entscheidungen sind ausschlaggebend

Die Wahl der Risikoschätzmethode und des Gewichtungsschemas erweist sich als zentraler Treiber für die Performance-Variabilität. Beispielsweise schneiden volatilitätsbasierte Schätzverfahren wie historische Volatilität und exponentiell gewichtete gleitende Durchschnitte (EWMA) in risikobereinigter Hinsicht besser ab als beta-basierte Ansätze. Zudem liefern gleichgewichtete Portfolios häufig höhere Renditen als kapitalgewichtete, allerdings auf Kosten höherer Transaktionskosten.

2.     Transaktionskosten spielen eine wichtige Rolle

Die Vernachlässigung von Transaktionskosten kann zu irreführenden Schlussfolgerungen führen. Portfolios mit hoher Umschichtung – etwa jene mit EWMA- und Beta-Schätzverfahren oder häufigerem Rebalancing – erleiden erhebliche Performance-Einbussen, sobald Kosten berücksichtigt werden. Unsere Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, realistische Kostenannahmen in die Gestaltung von Low-Risk-Strategien einzubeziehen.

3.     Einfacher kann besser sein

Portfolios mit Grössen- und Preisfiltern sind robuster, da sie illiquide oder schwer handelbare Aktien ausschliessen. Zudem übertreffen Low-Risk Strategien mit seltenerem Rebalancing – beispielsweise quartalsweise oder jährlich – Strategien mit höherer Anpassungsfrequenz, da sie eine bessere Balance zwischen Anpassungsfähigkeit und Kosteneffizienz ermöglichen.

4.     «Nonstandard Errors» sind ein verstecktes Risiko

Wir quantifizieren die Variabilität, die durch willkürliche methodische Entscheidungen entsteht – sogenannte «Nonstandard Errors». Diese Fehler erreichen oft eine Grössenordnung, die mit klassischen Standardfehlern vergleichbar oder sogar höher ist, insbesondere bei Portfolios ohne Leverage-Beschränkungen. Dies zeigt, dass die Interpretation einzelner Backtests mit Vorsicht erfolgen sollte und dass eine Robustheitsprüfung über verschiedene Parametrisierungen hinweg notwendig ist.

Die Abbildung zeigt die durchschnittlichen annualisierten Sharpe Ratios von long-only und limited-short Portfolios, nach Berücksichtigung der Transaktionskosten. Jede Balkengruppe stellt Portfolios mit einer gemeinsamen Entscheidungsvariable innerhalb eines bestimmten Entscheidungsknotens dar, wobei die Farben die Unterschiede zwischen den Varianten verdeutlichen. Die schwarzen Linien zeigen die Interquartilsabstände der Sharpe Ratios. Die Berechnung der Sharpe Ratios basiert auf 11’598 täglichen out-of-sample-Renditen im Zeitraum von Januar 1978 bis Dezember 2023.

Praktische Empfehlungen für Investoren

Unsere Studie schliesst die Lücke zwischen akademischen Erkenntnissen und der praktischen Umsetzung und bietet konkrete Handlungsempfehlungen für Investoren:

1.     Die Wahl der Risikoschätzmethode ist entscheidend: Bevorzugen Sie volatilitätsbasierte Schätzverfahren, da diese stabiler und kosteneffizienter sind als beta-basierte Methoden.

2.     Transaktionskosten nicht unterschätzen: Berücksichtigen Sie Transaktionskosten in der Strategieanalyse, um eine realistische Einschätzung der Performance zu gewährleisten.

3.     Wo möglich, vereinfachen: Nutzen Sie Grössen- und Preisfilter, um teure oder illiquide Aktien zu vermeiden, und erwägen Sie ein weniger häufiges Rebalancing, um den Portfolioumschlag zu reduzieren.

4.     Auf robuste Kennzahlen setzen: Bewerten Sie Portfolios anhand mehrerer Performance-Kennzahlen wie Sharpe Ratio, maximaler Drawdown und Nettorenditen, um sicherzustellen, dass sie mit Ihren Anlagezielen übereinstimmen.

Fazit

Die Low-Risk-Anomalie stellt weiterhin die traditionellen Finanzmarkttheorien infrage und liefert überzeugende Argumente für ein neues Denken über das Risiko-Rendite-Verhältnis. Doch wie unsere Forschung zeigt, ist der Weg zur optimalen Portfoliokonstruktion mit methodischen Herausforderungen verbunden. Durch eine sorgfältige Berücksichtigung von zentralen Portfoliokonstruktionsentscheidungen wie Gewichtungsschema, Transaktionskosten, Wahl der Risikoschätzungsmethode und Portfoliobeschränkungen können Investoren Strategien entwickeln, die nicht nur leistungsfähig, sondern auch praktisch umsetzbar sind.

Wir laden Sie ein, die vollständigen Ergebnisse unserer Studie im Forschungspapier zu entdecken:

https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=5105457



OLZ Gianluca de Nard.
Dr. Gianluca De Nard
Head of Quantitative Research

Dozent und Senior Research Associate an der Universität Zürich wie auch Mitglied des NYU Stern Volatility and Risk Institute in New York City. Zuvor forschte er als Postdoktorand an der Universität Yale.

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